„Von Ost nach West – Keine Selbstverständlichkeit“ – 03. Juli – 25. Juli 2022 – Blog#2

Die Zeit bis zum Start schleicht und rennt gleichermaßen.

Zwischen: „Das ist noch so lange hin… das reicht für die Vorbereitung locker.“ bis zu „Wie kann das sein, dass das schon morgen ist? Ich wollte doch noch so viel machen…“ vergeht die Zeit immer wie im Flug. Egal ob beim Schreiben einer Facharbeit oder einem wirklich langen Lauf. Morgen starte ich vom östlichsten Punkt Deutschlands meine Marathonreise zurück in den Westen.
Die letzte Woche stand im Zeichen der Entschleunigung: Keine langen Läufe, dafür eine längere Wanderung mit meiner Frau und ein paar Zehner und die letzten zwei Tage (für mich sehr gewöhnungsbedürftig): Kein Sport. Und ansonsten: Pläne nochmal und nochmal und nochmal durchgehen. Und immer wieder die bohrende Frage: Was ist, wenn ich etwas vergessen habe?

Ich plane zwar sehr konsequent (man könnte es penibel nennen), aber manchmal passieren auch Fehler trotz gründlicher Planung. Ich habe einmal beim Ironman in Wiesbaden keine Socken in die Wechselbeutel gepackt. Bricht man einen Triathlon, auf den man sich ein ganzes Jahr vorbereitet hat, wegen fehlender Socken für die 90 KM Radfahrt und den Halbmarathon nach dem Schwimmen ab und fährt nach Hause? Nein! Ich habe damals die Zähne zusammengebissen, bin barfuß in die Rad- und Laufschuhe und … naja… habe mir danach im Sanitätszelt die völlig ramponierten Füße bandagieren lassen.
Kleinigkeiten können echt viel ausmachen.

Aber bis gestern schien alles perfekt zu sein. Jeder Abschnitt der Wege ist bis ins Detail geplant, alle 10 bis 15 KM ein Supermarkt für frische Getränke (natürlich Mehrweg) etc. pp. Und als ich gerade den PC runterfahren wollte, fiel mir ein: Habe ich an die Sonntage gedacht? Schockschwerenot. Nein, natürlich nicht. Ich klatschte mir mit der flachen Hand vor die Stirn. Wie unfassbar bitter es wäre, dringend Flüssigkeit benötigend, im Nirgendwo im Osten von Deutschland vor einer geschlossenen Supermarktfiliale zu stehen und mit den Fingernägeln am Eingang kratzend, durstig und vergeblich um Einlass bittend aufgeben zu müssen… Manchmal scheitert es an banalen Kleinigkeiten.

Also schnell nochmal die Streckenführung umgeplant, Kiosk eingeplant, der lt. Dr. Google am Sonntag zwischen 12 und 16 Uhr offen hat und Strecke abgespeichert. 5,6 KM mehr. Im Osten gibt es nicht soviel Auswahl, als dass ich immer wählerisch sein dürfte.

Und jetzt liege ich hier und grübele noch kurz darüber nach, ob ich JETZT, quasi fünf vor Zwölf, an alles gedacht habe. Aber nur kurz.

Was sich früher oder später einstellt, ist die Erkenntnis, dass das Leben sich selten genau so entwickelt, wie man es geplant hat. Wenn der Kioskbetreiber sich morgen einen schönen Tag macht, statt auf Kundschaft wie mich zu warten, dann ist das halt so. Ich habe alles geplant, so gut es ging und alles andere wird sich zeigen. Dann muss ich halt die Zähne zusammenbeissen. Aber immerhin habe ich Socken dabei. Das habe ich extra dreimal gecheckt…
